
Josef, 18.4.2025
Liebe Mona
Weil die Folgen des Klimawandels dich länger betreffen als mich, sind deine Überlegungen dazu wichtiger als meine. Sie interessieren mich sehr.
Der Klimawandel macht auch mir grosse Sorgen. Er hat sich schon lange abgezeich-net. Rufer in der Wüste gab es mit dem «Club of Rome» seit 1968. Experten aus mehr als 30 Ländern haben damals eine gemeinnützige Organisation gegründet, welche sich für eine nachhaltige Zukunft der Menschheit einsetzt. In einem Bericht sind die «Grenzen des Wachstums» aufgezeigt worden. In der Wachstumseuphorie der Hoch-konjunkturjahre sind die Warnungen allerdings weitgehend in den Wind geschlagen worden.
Aber auch heute, wo die Folgen des Klimawandels offen zutage treten, ist die Zahl derer, welche den Wandel leugnen, gross. Woran mag dies liegen? Meiner Meinung nach ist die Diskussion um die notwendigen Massnahmen gegen den Klimawandel zu sehr ins Religiöse abgeglitten. In jeder Religion gibt es Missionare und leider auch Fundamentalisten. Missionare kann man noch verstehen. Sie setzten sich für die gute oder vermeintlich gute Sache mit voller Kraft ein. Fundamentalisten aber geht es nicht nur um die Sache, sondern letztlich darum, die Gegner aus dem Feld zu schlagen. Ihnen ist jedes Mittel recht, um ihr Ziel zu erreichen.
Mir scheint, dass wir uns auch in unserem Land von einer sachlichen Diskussion entfernt haben. In der Politik sind Linke und Rechte kaum mehr in der Lage, über Klima-schutzmassnahmen vernünftig miteinander zu reden Sie verteufeln ihre Positionen gegenseitig.
Problematisch wird es, wenn zu illegalen Mitteln gegriffen wird. Während ich die Klimajugend verstehen kann, die sich mit Demonstrationen für eine lebenswerte Zu-kunft einsetzt, bringe ich Klimaklebern keine Sympathie entgegen. Ihre Aktionen wir-ken kontraproduktiv.
Guter Rat ist teuer. Wenn ältere Menschen den Jungen all das verbieten, was sie früher selber gemacht und genossen haben, fehlt die Glaubwürdigkeit. Rückwirkend lässt sich ein schlechtes Beispiel leider nicht in ein gutes umwandeln.
Zum Glück ist aber doch manches aufgegleist, das auf Verbesserungen abzielt. Und viele Menschen, auch in der Wirtschaft und in der Politik, bemühen sich darum, Beiträge für eine gute Zukunft zu leisten. Diesbezüglich steht die Schweiz im internationa-len Vergleich nicht allzu schlecht da.
Es scheint mir aber total falsch, wenn unsere Bemühungen in den weltweiten Ver-gleich gestellt werden und dann als absolut unwirksam bezeichnet werden. Natürlich können wir auf unserer «Insel der Seligen» die Welt nicht im Alleingang retten. Aber es ist sehr wichtig, dass wir unsere Verantwortung als Individuen wahrnehmen und überall dort, wo es möglich ist, umweltschonende Beiträge leisten.
Die Situation wird von vielen Experten als düster beurteilt. Ich muss gestehen, dass ich für einen gewissen Optimismus, den ich mir nicht nehmen lasse, auf die Einsicht von immer mehr Menschen, auf kluge Forscher und auf generative Kräfte in der Natur hoffe.
Ich bin auf deine Ansichten und Einschätzungen gespannt, liebe Mona, und grüsse dich herzlich
Grossvater